Seit 2007 haben sich die Verordnungen von Antidepressiva verdoppelt. 2016 wurden 1467 Millionen Tagesdosen verschrieben.
Wirkung von Antidepressiva
Antidepressiva sind Psychopharmaka und greifen in die neuronalen Vorgänge im Gehirn ein. Sie wirken stimmungsaufhellend, normalisieren den Antrieb und helfen auch bei körperlichen Beschwerden wie Kopf- und Rückenschmerzen, Schlafstörungen und Magen-Darm-Beschwerden. Verordnet werden sie bei Depressionen, chronischen Schlafstörungen, Angst- und Zwangsstörungen.
Ihre Wirkung beruht unter anderem auf dem Ausgleich des Stoffwechsels zwischen den körpereigenen Botenstoffen Serotonin und Noradrenalin, die wichtig sind für die Übertragung von Nervenimpulsen.
Es gibt Antidepressiva, die die Wiederaufnahme der Neurotransmitter in ihre Speicher hemmen und so die Konzentration an der Übertragungsstelle erhöhen (Reuptake-Inhibitor). Es kann entweder die Wiederaufnahme nur vom Serotonin gehemmt werden (SSRI wie Fluoxetin, Citalopram oder Sertralin), nur vom Noradrenalin (SNRI wie Reboxetin) oder von beiden Neurotransmittern (SSNRI wie Venlafaxin).
Ebenso gibt es sogenannte MAO-Hemmer, die das Enzym Monoaminooxidase, das am Abbau von Serotonin und Noradrenalin beteiligt ist, hemmen, um auch so die Konzentration der beiden Neurotransmitter zu erhöhen.
Der Wirkstoff Mirtazapin dagegen sorgt für eine bessere Freisetzung von Serotonin und Noradrenalin.
Man unterscheidet die Antidepressiva neben ihrem Wirkort auch in ihrer Wirkweise. Amitriptylin, Doxepin und Mirtazapin sind eher dämpfend, wogegen Venlafaxin und Escitalopram eher aktivierend und antriebssteigernd sind.
Und unerwünschte Wirkungen?
Natürlich gibt es auch bei den Antidepressiva Nebenwirkungen, die sich allerdings eher auf das vegetative Nervensystem beschränken. Es kann zu Verstopfung, Kreislauf-Problemen, Mundtrockenheit, Übelkeit, Unruhe, Schlafstörungen, sexuelle Funktionsstörungen, Zittern und Problemen beim Wasserlassen kommen.
Was allerdings die meisten Patienten unter der Einnahme der Antidepressiva stört, ist die Gewichtszunahme.
Bei unerwünschten Wirkungen kann es helfen, das Medikament einschleichend zu dosieren und langsam die Wirkstoffstärke zu steigern. Hier ist eine enge ärztliche Begleitung wünschenswert. Ein Antidepressivum sollte niemals abrupt abgesetzt werden, sondern immer ausschleichend die Dosis langsam unter ärztlicher Kontrolle gesenkt werden.
Genauso wichtig ist die tägliche Einnahme. Wenn die Depression besser wird und die Beschwerden nachlassen, sollte man noch mindestens 4-9 Monate die Therapie fortsetzen (Erhaltungstherapie). Eine ärztliche Kontrolle der Wirkung und Nebenwirkungen ist für den Erfolg der Therapie Voraussetzung.
Gibt es Alternativen?
Die Therapie einer Depression oder chronischen Erschöpfung sollte sich immer nach den Symptomen des Patienten richten.
Johanniskraut
Johanniskraut ist ein pflanzliches Antidepressivum, indem es den Botenstoff-Haushalt im Gehirn wieder ins Gleichgewicht bringt. Die Wirkstoffe Hypericin, Hyperforin und verschiedene Flavonoide regulieren die erhöhte Ausschüttung des Stress-Hormons Cortisol und erhöhen die Konzentration von Noradrenalin, Serotonin und Dopamin.
Entscheidend für die Wirkung sind ein ausreichend hochdosiertes Medikament (900mg Trockenextrakt) und eine konsequente Einnahme, da sich der Wirkstoffspiegel erst aufbauen muss. Nach 6 Wochen Behandlung kann entschieden werden, ob mit Johanniskraut eine ausreichende Wirkung erzielt wird.
Unter der Einnahme sollte eine intensive Sonneneinstrahlung vermieden werden, da die Haut lichtempfindlicher wird. Johanniskraut erhöht die Konzentration an Leberenzymen, die für den Abbau verschiedener Arzneimittel verantwortlich sind und so deren Wirkspiegel senken können (z.B. bei Immunsuppressiva, dem Herzmedikament Digoxin oder der Antibabypille). Ebenso kann die Wirkung anderer Antidepressiva verstärkt werden. Hier fragst du am besten deinen Apotheker oder deine Apothekerin, ob sich deine Medikamente mit Johanniskraut vertragen oder ob es zu Wechselwirkungen kommen kann. Denn „pflanzlich“ ist kein Garant für „ungefährlich“.
Probiotika
75-80% des Serotonins werden im Darm gebildet. Es sollte daher Standard sein, dass jeder Patient, der Antidepressiva verordnet bekommen hat oder unter depressiven Verstimmungen leidet, seine Bakterienflora im Darm saniert. Die Zusammensetzung unseres Mikrobioms und unsere Ernährung haben einen großen Einfluss auf die Konzentration an Serotonin.
Melatonin
Unser körpereigenes Schlafhormon Melatonin wird aus Serotonin gebildet. Kein Wunder also, dass Patienten mit Depressionen oder depressiven Verstimmungen häufig unter Schlafstörungen leiden. Mit Melatonin kann der gesunde Schlaf unterstützt und die Einschlafphase deutlich verkürzt werden.
Postnatale Stimmungskrise
Darunter fasst man psychische Störungen zusammen, die im zeitlichen Zusammenhang mit dem Wochenbett auftreten. Man sollte eine postnatale Depression allerdings nicht mit dem Babyblues verwechseln. Diese kurzzeitige Stimmungskrise tritt kurz nach der Geburt auf, wenn der Hormonspiegel der Mutter drastisch abfällt. Hält die Traurigkeit oder Antriebslosigkeit über Wochen an oder fällt es der Mutter schwer, eine Verbindung zu ihrem Kind aufzubauen, ist eine postnatale Depression unbedingt als Ursache mit in Erwägung zu ziehen. Eine solche psychische Störung kann jede Frau treffen und es ist einfach schade, wenn aus falscher Scham das Leid für Mutter und Baby unnötig verlängert wird.
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